
Long COVID-News
Wir recherchieren und veröffentlichen aktuelle, qualitätsgesicherte Informationen zum Stand der Forschung und zu Therapie- und Rehabilitationsmöglichkeiten beim Long COVID-Syndrom.
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Nikotinpflaster könnten Long COVID-Symptome lindern
In der Forschung wird seit längerem diskutiert, dass eine SARS-CoV-2-Infektion die Kommunikation zwischen Zellen und Nervensystem stören und Long COVID-Symptome auslösen kann. Diese Kommunikation wird über sogenannte cholinerge Rezeptoren an Zellen und Synapsen gesteuert. Eine Forschungsgruppe am Universitätsklinikum Leipzig konnte in einer bildgebenden Untersuchung erstmals zeigen, dass Nikotinmoleküle Rezeptoren vom Spike-Protein des SARS-CoV-2-Virus „befreien“. Nach einer zehntägigen Verabreichung von Nikotinpflastern kam es zu einem Rückgang der neurologischen Symptome. In einer nachgelagerten Befragung von 231 Betroffenen wurde nach der Behandlung mit Nikotinpflastern bei 73,5 Prozent der Teilnehmenden eine signifikante Verbesserung ihrer Symptome beobachtet. Nun sind weitere randomisiert kontrollierte Studien notwendig um festzustellen, ob diese vorläufigen Ergebnisse durch weitere Beweise bestätigt werden können.
Zur Studie: https://bioelecmed.biomedcentral.com/articles/10.1186/s42234-025-00167-8
Pilotstudie: Fördern Angst und die Vermeidung körperlicher Aktivität eine chronische Fatigue bei Long COVID?
In einer Pilotstudie mit 97 teilnehmenden Post COVID-Patient*innen wurden Hinweise darauf gefunden, dass ängstlich-vermeidende Reaktionsmuster an einer Aufrechterhaltung der Post COVID-Fatigue beteiligt sein könnten. Auffällig war, dass die Vermeidung körperlicher Aktivität mit einer erhöhten Anzahl an Arbeitsunfähigkeits-Tagen in Verbindung steht. Dies deckt sich mit Ergebnissen anderer Studien zum sogenannten „Avoidance-Endurance Modell“: Übermäßiges Ruheverhalten und Angstvermeidung waren mit einem erhöhten Risiko für körperliche Beeinträchtigungen verbunden. Das Autor*innenteam spricht sich dafür aus, das Avoidance-Endurance Modell in Bezug auf das Post COVID-Syndrom und Fatigue weiter zu erforschen. Schon jetzt geben die Ergebnisse erste Hinweise auf individuell abzustimmende Behandlungen von Long COVID-Betroffenen, etwa in der Psycho-, Ergo- und Bewegungstherapie.
Zur Studie: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-2515-2531
Zum Avoidance-Endurance Modell: https://journals.lww.com/clinicalpain/abstract/2021/03000/patterns_of_approach_to_activity_in_851_patients.10.aspx
In der Studie von Helmholtz Munich und der Ludwig-Maximilians-Universität München konnte nachgewiesen werden, dass das SARS-CoV-2-Spike-Protein in den schützenden Schichten des Gehirns, den Hirnhäuten und im Knochenmark des Schädels, bis zu vier Jahre nach der Infektion verbleiben kann. Dies könnte zu chronischen Entzündungen führen und das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie beispielsweise Alzheimer- oder Parkinson-Krankheit erhöhen. Versuche mit Mäusen zeigten zudem, dass mRNA-COVID-19-Impfstoffe die Anreicherung des Spike-Proteins im Gehirn deutlich reduzieren.
weiterlesenIn einer Studie aus den USA wird über neue Erklärungsansätze des Post Vac-Syndroms berichtet. Demnach wurden bei 42 Patient*innen konkrete Veränderungen beobachtet: ein verändertes Immunprofil, niedrigere Spike-Protein-Antikörper, das Überdauern des Spike-Proteins sowie eine Reaktivierung von Epstein-Barr-Viren. Ob sie auch ursächlich für die Symptome der Patient*innen verantwortlich sind, konnte bisher noch nicht bestätigt werden.
weiterlesenImpfungen vor und nach einer SARS-CoV-2-Infektion können das Risiko für Long COVID senken
Forschende aus Hongkong haben mittels einer Metaanalyse herausgefunden, dass zwei Impfungen vor sowie eine nach einer COVID-Infektion vor Post COVID schützen können. Vorangehende Impfungen helfen, dass Viruspartikel in der Akutphase eliminiert werden können, sodass keine Entzündungen oder Autoimmunreaktionen angestoßen werden. Eine Vakzinierung nach der Infektion könnte dazu führen, proinflammatorische Zytokine zu verringern oder das adaptive Immunsystem so zu aktivieren, dass Viren effektiver entfernt werden.
Zur Studie: https://www.journalofinfection.com/article/S0163-4453(24)00293-7/fulltext
Aktueller Forschungsstand bei Post COVID und Long COVID
Sinem Koc-Günel und Maria Vehreschild vom Universitätsklinikum Frankfurt geben einen Überblick zu aktuellen Forschungserkenntnissen: Laut ihren Ausführungen wird das Post/Long COVID-Syndrom durch eine Kombination verschiedener krankhafter Veränderungen und Mechanismen verursacht: virale Persistenz und Reaktivierung, Autoimmunreaktionen, Veränderungen der Mikrobiota, vaskuläre Dysfunktionen und metabolische Veränderungen. Diese Mechanismen können mehrere Organsysteme betreffen, was die diagnostischen und therapeutischen Anforderungen erhöht. Auch wenn die krankhaften Prozesse noch nicht vollständig verstanden sind, gibt es mittlerweile vielversprechende Einblicke in die Hypothesen zur Entstehung des Long COVID-Syndroms, aus denen erste Ansatzpunkte für gezielte Therapieoptionen abgeleitet werden können. Die Autorinnen benennen darüber hinaus derzeitige pharmakologische Ansätze mit Off-Label-Therapien.
Die Ergebnisse zweier Studien zeigen, dass Long COVID auch bei Kindern und Jugendlichen eine ernsthafte und langanhaltende Belastung darstellen kann. Das Team um Rachel Gross von der Grossman School of Medicine in New York beschreibt unterschiedliche Symptomcluster, die auf verschiedene Symptomausprägungen der Erkrankung hinweisen. Die in Italien über einen Zeitraum von drei Jahren durchgeführte prospektive Kohortenstudie zeigt indes auf, dass Kinder anhaltende Long COVID-Symptome entwickeln können und betont die dringende Notwendigkeit, in pädiatrische Long COVID-Forschung zu investieren.
weiterlesenMediziner*innen vom Universitätsklinikum Freiburg fanden in den Gehirnen von 15 Personen mit zuvor gut überstandener SARS-CoV-2-Infektion eine „Immunnarbe“ – einen Anzeiger dafür, dass das angeborene Immunsystem auch nach der akuten Infektion aktiviert geblieben ist. In einer Studie aus Frankreich konnte bei Menschen mit anhaltenden Long COVID-Symptomen dauerhafte Defizite im Gehirnstoffwechsel nachgewiesen werden. In einer weiteren Studie hat ein US-amerikanisches Forschungsteam aus Chicago eine Mutation im SARS-CoV-2-Virus entdeckt, die möglicherweise eine Rolle bei der Infektion des Gehirns spielen könnte.
weiterlesenLong COVID-Forschung: US-Studie findet keine nutzbaren Biomarker zur Diagnose
In einer Teilstudie der von der US-Regierung mit 1,15 Mrd. US-Dollar ausgestatteten RECOVER-Initiative konnte keiner der 25 getesteten Routinelaborwerte als verlässlicher Biomarker identifiziert werden. Jedoch fand man andere Auffälligkeiten bei Teilnehmenden mit vorheriger SARS-CoV-2-Infektion: So wurde eine höhere Albumin-Kreatinin-Rate im Urin festgestellt – ein Biomarker und frühes Anzeichen einer Nierenerkrankung. Darüber hinaus wurden höhere Langzeit-Blutzuckerwerte (HbA1c) gemessen, was für ein erhöhtes Diabetesrisiko spricht. Auch waren bei den Teilnehmenden mit Long COVID-Symptomen sowohl die Blutplättchenzahlen als auch das hochsensitive C-reaktive Protein (hsCRP) tendenziell erhöht. Dies deutet auf einen anhaltenden Entzündungszustand hin. Die Forschenden schränken jedoch ein: „Die Messung der Plättchenzahl ist kein verlässlicher Biomarker für Long COVID; um eine Störung der Plättchen nachzuweisen, die mit Long COVID zusammenhängt, sind spezifischere Marker der Plättchenbiologie erforderlich“.
Zur Studie: https://www.acpjournals.org/doi/10.7326/M24-0737
Wissenschaftler*innen fordern eine Anpassung beruflicher oder schulischer Zeitpläne für Menschen mit Long COVID
Britische Forschende berichten in einem Artikel in The Lancet Regional Health, dass alle Arten von körperlicher, kognitiver, sozialer oder emotionaler Anstrengung zu einer Verschlechterung der mit Long COVID verbundenen Symptome wie Fatigue oder Herzrasen führen können. Dies zeigen Daten von 376 Long COVID-Erkrankten, deren Aktivitäten und Symptome über einen Zeitraum bis zu 24 Tagen engmaschig protokolliert wurden. Wissenschaftskollegen aus Italien unterstrichen in einem Kommentar die hohe Relevanz dieser Studie. Um Isolation, Arbeitsplatzverlust und soziale Nachteile zu vermeiden, sollten Patient*innen ihrer Meinung nach daher ihre Zeitpläne anpassen.
Zum Artikel: https://www.thelancet.com/journals/lanepe/article/PIIS2666-7762(24)00249-7/fulltext
Hinweis der Redaktion: Für ein gezieltes Selbstmanagement bei körperlichen und geistigen Aktivitäten eignen sich Pacing-Strategien. Neben einer Verbesserung der allgemeinen Gesundheit ermöglicht es den Betroffenen, ihre ursprüngliche Leistungsfähigkeit wiederzuerlangen und an den Arbeitsplatz zurückzukehren.