Erstellt von Dr. Manju Guha, Fachärztin für Innere Medizin, Chefärztin für Kardiologie und Ärztliche Direktorin an der Rehaklinik am Sendesaal in Bremen, sowie Professor Dr. Axel Schlitt, Leitender Chefarzt und Chefarzt der Kardiologie und Diabetologie, an der Paracelsus Harzklinik in Bad Suderode

Symptomcluster

Kardiologie / Herz-Kreislaufbeschwerden

Beschwerden und Symptome

Patient*innen mit langwierigen Verläufen nach einer Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2, die als Long COVID- oder Post COVID-Syndrom bezeichnet werden, leiden häufig unter Symptomen wie krankhafter Erschöpfung (Fatigue), Konzentrations- und Gedächtnisproblemen, Schlafstörungen sowie Muskelschwäche und Muskelschmerzen. Auch von psychischen Problemen, wie depressiven Symptomen und Ängstlichkeit wird häufig berichtet.

Typische Symptome, die das Herz-Kreislaufsystem betreffen und die viele dieser Patienten angeben, sind Brustschmerzen, Kurzatmigkeit, eingeschränkte körperliche Belastbarkeit sowie eine rasche Erschöpfbarkeit während einer körperlichen Anstrengung. Viele Patienten spüren Unregelmäßigkeiten des Pulses und/oder Herzrasen. Die Dauer variiert von Patient zu Patient und ist sehr unterschiedlich. Manchen Betroffenen geht es schon nach wenigen Wochen wieder gut, andere brauchen mehr Zeit zur Genesung.

US-Wissenschaftler*innen haben sich zur Frage von Herz-spezifischen Symptomen in einer großen Studie bei über 150.000 ehemaligen Militärangehörigen mit überstandener COVID-19-Erkrankung ein Jahr lang den Gesundheitsstatus angeschaut und die Daten mit denen von Nichtinfizierten und Patienten aus „Vor-Corona-Zeiten“ verglichen. Sie konnten tatsächlich unter anderem eine deutlich erhöhte Fallzahl an Vorhofflimmern und anderen Herzrhythmusstörungen, von ischämischer Herzerkrankung (Koronare Herzerkrankung) und Herzinsuffizienz (Herzschwäche) feststellen. So hatten COVID-Patient*innen nach einem Jahr ein um 72 Prozent höheres Risiko für eine Herzinsuffizienz im Vergleich zu Kontrollpersonen ohne Infektion. Daraus errechneten die Wissenschaftler, dass es auf 1000 Infizierte zwölf zusätzliche Fälle von Herzinsuffizienz und insgesamt 45 zusätzliche Fälle von – an einer der 20 untersuchten – Herzkreislauf-Erkrankungen gab. Und dieses Risiko war auch bei Patient*innen erhöht, die vorher keine Anzeichen für eine Herzerkrankung hatten

Ursache und Diagnostik

Die möglichen Mechanismen, die den das Herz und die Blutgefäße betreffenden Spätfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion zugrunde liegen, sind noch nicht abschließend geklärt. Diskutiert werden unter anderen chronische Entzündungsreaktionen durch Überdauern des Virus im Herzgewebe, Autoimmunreaktionen sowie eine anhaltende Fehlfunktion von größeren und kleineren Gefäßen, die auf einer Versteifung der Gefäßwände beruht und auf einer anhaltend hohen Stress-Belastung in den Gefäßwänden (oxidativer Stress). So hatten in einer Studie mit COVID-Patient*innen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten, 68 Tage nach der Infektion noch etwa ein Drittel der Betroffenen Entzündungsreaktionen im Sinne einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung).

Behandlungsansätze

Die Behandlung von Post COVID-Beschwerden orientiert sich in der Regel an der Symptomatik.
Kardiolog*innen der US-Fachgesellschaft ACC (American College of Cardiology) haben in ihrer Stellungnahme Empfehlungen speziell zu langfristigen Herzbeschwerden zusammengefasst. Sie unterscheiden dabei zwei Post COVID-Formen (PASC = Post acute sequelae of COVID-19), die das Herz betreffen.

  • PASC-cardiovascular syndrome (PASC-CVS): Hier liegt ein breites Beschwerdebild vor. Neben Müdigkeit (Fatigue), Schlafstörungen und Gedächtnisstörungen haben die Patient*innen auch Herzbeschwerden wie Herzrasen, eine Verschlimmerung der Symptome schon nach geringer körperlicher, geistiger oder emotionaler Anstrengung (Post-exertionelle Malaise), Herzklopfen, Brustschmerz und Kurzatmigkeit. Doch diese lassen sich durch diagnostische Testergebnisse nicht oder nicht vollständig erklären.
  • PASC-cardiovascular disease (PASC-CVD): Hier ergeben Symptome und Diagnostik (Labordaten und Untersuchungen, z.B. eine Herz-Magnetresonanztomografie = Kardio-MRT) vier Wochen nach der Infektion ein übereinstimmendes Bild. Nachweisbar sind Schäden am Herzen wie Entzündungen (Herzmuskel- und Herzbeutelentzündung), Durchblutungsstörungen, andere Herzmuskelerkrankungen mit Beteiligung des linken und/oder rechten Herzvorhofs, Gerinnsel in den Lungengefäßen sowie kardiovaskuläre Folgen der Lungenerkrankung, etwa Lungenhochdruck und Herzrhythmusstörungen.

Zugelassene Medikamente für das PASC-CVS gibt es derzeit nicht. 

Bei der Therapie von Patient*innen mit PASC-CVD – also definierten Herzschäden – steht die Behandlung der Herzerkrankung entsprechend den ärztlichen Leitlinien im Vordergrund.

Bei der PASC-CVS richten sich die Empfehlungen an der Symptomatik aus. Da manche sportlichen Aktivitäten zu einer raschen Erschöpfbarkeit führen und eine Fatigue verschlechtern können, wird Patient*innen mit einer solchen Belastungs-Intoleranz und eingeschränkter Kondition – ebenso wie bei hohem Puls – geraten, körperliche Aktivitäten zunächst auf niedrigem Niveau, z.B. eher im Sitzen auszuüben; etwa Gymnastik in der Hockergruppe oder Radfahren. Die Anfangsbelastung sollte kurz sein (5-10 Minuten) und langsam gesteigert werden. Darüber hinaus sollten betroffene Patient*innen auf eine ausreichende Salz- (5-10 Gramm; entsprechend 1-2 Teelöffeln) und Flüssigkeitszufuhr (2-3 Liter Wasser) pro Tag achten. Hitze, Alkohol und schwere Mahlzeiten sollten vermieden werden.

Begleitende fördernde Maßnahmen

Idealerweise wird den Betroffenen eine medizinische kardiologische Rehabilitation in einer spezialisierten Reha-Klinik ermöglicht, denn dort kann man sich gut auf die zugrundeliegenden Symptome konzentrieren und vorsichtig ein angemessenes Bewegungsprogramm einleiten, das vertragen wird und den Patient*innen zu einer besseren Belastbarkeit verhilft. Darüber hinaus werden natürlich auch Symptome wie eine Neigung zu Herzrasen und Fatigue mitbehandelt. Eine Rehabilitation stellt derzeit die einzige einigermaßen wissenschaftlich nachgewiesene Behandlungsmöglichkeit dar.

Nach erfolgreicher kardiologischer Rehabilitation gibt es meist Behandlungsangebote (Rehabilitationssportgruppen, Herzgruppen, COVID-Gruppen) in Wohnortnähe, wo die Patient*innen Trainingsmöglichkeiten unter Aufsicht und Anleitung durch geschultes Trainingspersonal erhalten können. Das wird ärztlich verordnet und von den Kranken- bzw. Rentenversicherungen bezahlt.

Literatur

Referenzen aus der Leitlinie „S2k-LL SARS-CoV-2, COVID-19 und (Früh-) Rehabilitation“ („Living guideline“), Version: 3 (2. Update), Stand 01.11.2022, AWMF-Registernummer 020-002;
Verfügbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/080-008.html

zuletzt geändert: 12. September 2023